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lei­bes­übun­g*in­nenGleichstellung im Wahn

Die Fifa lässt bald auch bei den Frauen 48 Teams bei der Fußball-WM antreten. Warum das keine schlechte Idee ist.

Unwürdiger Auftritt? Italien während der 0:5-Niederlage gegen Schweden bei der WM 2023 Foto: imago

M an hat sich gewöhnt an den immerwährenden Fifa-Wahnsinn. Immer größer werden die Weltturniere des Internationalen Fußballverbands, immer irrer die Schmusereien des selbstverliebten Verbandspräsidenten Gianni Infantino mit den finstersten Regenten dieser Erde. Nun soll also auch die WM der Frauen ab dem Jahr 2031 mit 48 statt wie bisher mit 32 Teams ausgespielt werden. Die Fifa nimmt die Frauen mit auf ihren Expansionskurs. Im Sinne der Gleichstellung ist das nur konsequent, auch wenn es sich um Gleichberechtigung im Wachstumswahn handelt.

Der Fußball der Frauen sei noch nicht so weit, heißt es von Fifa-kritischer Seite nun. Er habe sich zwar an der Spitze gut entwickelt, aber die Leistungsunterschiede seien schon bei der WM mit 32 Teams 2032 in Australien und Neuseeland zu groß gewesen. In der Tat gab es etliche Spiele, bei denen die kleinen Fußballerinnennationen von den großen Playerinnen im Weltfußball regelrecht an die Wand gespielt worden sind.

Das 0:7 von Vietnam gegen die Niederlande kann man getrost als Blamage bezeichnen. Und Marokko konnte den Beobachtenden beim 0:6 gegen Deutschland durchaus leidtun. Aber Moment: Deutschland ist ja dann in der Vorrunde ausgeschieden, während sich Marokko für das Achtelfinale qualifiziert hat. Wäre es also wirklich besser gewesen, wenn Marokko gar nicht mitspielen hätte dürfen?

Dann gab es noch ein 0:5 bei diesem Turnier. Hatten sich da die Fußballzwerginnen aus Haiti, den Philippinen oder Panama blamiert? Nein, Italien ist gegen Schweden untergegangen. Soll die Fifa also ihr Weltturnier so exklusiv halten, dass eine Gurkentruppe wie Italien keine Chance mehr auf eine Qualifikation hat? Das wird wohl kaum jemand fordern.

Aus den etablierten Fußballnationen blickt man eben nur allzu gerne mit einer von einem Überlegenheitsdenken geprägten Haltung spöttisch hinab auf das Fußballprekatriat aus Asien, Mittelamerika und Afrika. Dort sind in vielen Ländern die Bedingungen für Mädchen und Frauen im Fußball ungleich schwieriger als etwa hierzulande. Sie kicken dennoch. Und wie! Frauenfußballerischen Schwellenländern mit einem großen WM-Turnier die Perspektive für eine Teilnahme zu öffnen, ist also gewiss nicht die schlechteste Idee zur Förderung des Spiels der Frauen.

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
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